Donnerstag, 30. September 2010

[REZENSION] "Nacht ohne Schatten" (Band 3)

Heute möchte ich euch zwei Bände einer deutschen empfehlenswerten Krimi-Serie vorstellen...

Cover
Die Autorin
Gisa Klönne, geb. 1964, studierte Anglistik. Sie ist Schriftstellerin, Journalistin und Dozentin für kreatives und journalistisches Schreiben. Ihre beiden ersten Krimis mit Judith Krieger Der Wald ist Schweigen und Unter dem Eis waren große Erfolge und wurden in mehrere Sprachen übersetzt. Gisa Klönne lebt in Köln.

Produktinformation
Link zu Amazon
Broschiert: 368 Seiten
Verlag: Ullstein TB-Verlag (1. Juli 2009)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3548280579
ISBN-13: 978-3548280578
Größe und/oder Gewicht: 18,8 x 11,8 x 3 cm


Leseprobe
Quelle: libri.de  *hier probelesen*

Alle, die diese Serie noch lesen möchten und die Vorgängerbände nicht kennen, sollten an dieser Stelle besser nicht weiter lesen!

Die Geschichte...
Judith Krieger wird mitten in der Nacht aus einem Albtraum gerissen und zu der „S-Bahn-Haltestelle Gewerbepark Köln“ gerufen, wo der S-Bahn-Fahrer Wolfgang Berger erstochen aufgefunden wird. Die ersten Ermittlungen ergeben, dass das Opfer keine Familie, Freunde, besondere Interessen hatte und dies lässt auf kein erkennbares Motiv schließen. 
Kurz darauf gibt es (in direkter Nähe des Tatorts) einen Brand in einer Pizzeria, bei dem der Besitzer stirbt und die Polizei einen schrecklichen Fund macht: im Keller wird ein junges Mädchen gefunden, das augenscheinlich zur Prostitution gezwungen wurde. Da das Mädchen schwerverletzt ins Krankenhaus eingeliefert wird, gibt es keinerlei Anhaltspunkte zu ihrer Identität.

Und welche Rolle spielt die geheimnisvolle Frau, die die Rechtsmedizinerin Ekaterina Petrowa mehrmals um Hilfe bittet und sich dann doch nicht helfen lässt? Gibt es hier etwa einen Zusammenhang zu den anderen Fällen?
Für die Ermittler beginnen langwierige Nachforschungen, die u.a. in eine Künstler-WG (ebenfalls in der Umgebung des Tatorts) führen. Doch es ist nicht klar, ob und wie die Fälle zusammenhängen. Die Spur führt sie weiter ins Prostitutionsmilieu und lenkt die Polizisten tief in einen Sumpf aus Gewalt, (Zwangs-)Prostitution und Ausweglosigkeit.

Als Judith und Manni (die leider nicht wirklich als Team sondern eher als Einzelgänger agieren) jeweils anderen Fährten folgen, handelt sich vor allem Judith wieder Ärger ein. Doch die Kriminalhauptkommissarin lässt sie nicht davon nicht behindern, muss sich auf ihrer Suche mit ihren früheren Idealen und Träumen auseinander setzen (sie wollte eigentlich Anwältin für die Benachteiligten werden und sich gegen Gewalt an Frauen engagieren) und gerät zum Schluss in große Gefahr...
**Achtung SPOILER**
Denn in "Nacht ohne Schatten" ist nichts wie es scheint und der Mörder fühlt sich allzu sicher.

Meine Meinung:
Vorab: "Nacht ohne Schatten" ist ein großartiges Buch, welches völlig zu Recht 2009 mit dem Friedrich Glauser Preis ausgezeichnet wurde. Bedrückende Thematik dieses Krimis ist häusliche Gewalt gegen Frauen und Zwangsprostitution. 

"Nacht ohne Schatten" ist alles andere als leichte Kost, wird dem Leser aber dennoch unterhaltsam und spannend präsentiert, ohne allzu belehrend zu wirken.  Dieses Buch berührt einen tiefgreifend & intensiv und regt zum Nachdenken an.

Protagonistin KOK (Kriminalhauptkommissarin) Judith Krieger lässt sich ein wenig mit Julia Durant (der Figur von Andreas Franz) vergleichen: Auch Judith ist eine engagierte Polizistin Ende Dreißig mit wenig Privatleben und einem Faible für ungesundes Essen sowie Zigaretten. Judith Krieger, der Frau mit den wilden Locken und grauenhaftem Kleidungsgeschmack, gehen diese Fälle besonders an die Nieren. Denn gemeinsam mit ihrer Freundin Cora (die inzwischen die Leiterin der Frauen-für-Frauen-Beratungsstelle ist) wollte sie die Welt verbessern und als Anwältin den Benachteiligten helfen. Aber nach dem Job im Frauenhaus wurde sie stattdessen Polizistin - und diese Ohnmacht, die sie in dem Fall des „Komamädchens“ (die Zwangsprostituierte aus dem Keller) verspürt, lässt sie deshalb manchmal gefühlsmässig überreagieren. Doch besonders diese Ecken & Kanten machen Judith Krieger zu einem besonderem Charakter mit viel Tiefgang.

Teamkollege Manni Korzilius versteht (mit all seinem männlichen Denkvermögen) seine Partnerin bzw. deren Gefühlsausbrüche nicht ganz und in dem 3. Fall gehen die Beiden oftmals getrennte Wege. Privat hat Manni die hübsche Sonja kennengelernt, mit der er noch am Anfang steht – und es sich nicht erkennen lässt, wohin die Beziehung führen wird. Beruflich recherchiert er in der Prostituierten- und Freier-Szene, wobei er sich manchmal sichtlich unwohl fühlt. Dabei zeigt er seine Gefühls- und Gedankenwelt klar und wirkt dadurch überzeugend und menschlich.
Neu dabei ist die junge russische Pathologin Ekaterina Petrowa. Mit der Stelle in der Rechtsmedizin hat sie auch die Leitung der Initiative "Frauen gegen Gewalt" angenommen, wobei ihr diese Funktion viel Unbehagen bereitet.
Immer wieder taucht eine misshandelte und verängstigte Frau bei ihr auf, die allerdings weder ihren Mann anzeigen noch ihren richtigen Namen nennen möchte. Dies beschäftigt Ekaterina und ihr Gespür (durch ihre samische Großmutter
geprägt, sagt ihr, dass es mit den anderen Mordfällen einen Zusammenhang gibt). Doch sie ist sich unsicher und will ihren Verdacht nicht laut äußern, da sie fürchtet, ihre Arbeitsstelle zu gefährden.

Auch die Nebenprotagonisten wie z.B. der kauzige Pathologe Karl-Heinz Müller oder Kommissariatsleiter Axel Millstätt machen eine beachtliche Weiterentwicklung durch.
Ebenso gelungen sind die „neuen“ Figuren wie die Künstlerin Theodora Markus oder Polizist Diddl Makowski von der Sitte.
 
Wie schon in den beiden Vorgängern gibt es auch diesmal ein paar paranormale Erfahrungen; indem sich Ekaterina an das uralte Wissen der Schamanen erinnert und teilweise auch nützt, was sie von ihrer Großmutter gelernt hat.  Und Judith Krieger befragt ihre Tarotkarten und wird öfters von bedeutungsschwangeren Träumen geplagt. Dies ist allerdings nur ein kleiner Aspekt der Geschichte und stört nicht weiter.

Diese extrem spannende Geschichte über Gewalt gegen Frauen -verpackt in einige Fälle für die Polizei- ist Gisa Klönne wieder einmal sehr gut gelungen. Besonders gut finde ich auch die Entwicklungen innerhalb des Teams (das geht von Freude, Neid bis zur Anerkennung und noch weiter).
Schauplatz ist die schöne Stadt Köln.

Die Autorin versteht es geschickt, diese berührenden  Themen in eine spannende Handlung zu verpacken und den Spannungsbogen von Anfang an bis zum Ende gespannt zu halten.
 Die Schreibweise ist extrem gefühlsbetont und manchmal überaus schonungslos, was für mich sehr authentisch rüberkommt. Erzählt wird aus den unterschiedlichsten Perspektiven, vorwiegend allerdings von Judith, Manni und Ekaterina.

FAZIT:
Gisa Klönnes dritter Kriminalroman entführt uns in die beängstigende Welt der Frauenverachtung, Gewalt und Sexindustrie. Der 3. Fall für Krieger & Korzilius besticht mit einem ernsten Thema verpackt in einer spannenden Handlung, vielen überraschenden Wendungen und sympathischen Helden. Dafür muss ich 5 (von 5) Punkte vergeben!

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Büchersüchtige Grüße,
Sabine