Mittwoch, 21. März 2012

[REZENSION] "Die rote Halle"

Cover
Die Autorin
Karla Schmidt, geboren 1974 in Göttingen, lebt mit Mann und zwei Kindern in Berlin, wo sie ein Kultur-, Theater- und Filmwissenschaftsstudium abschloss. In Rheinsberg hat sie an der Inszenierung von Opern- und Tanztheaterprojekten als Dramaturgin, Regieassistentin und Inspizientin mitgewirkt. Sie erhielt 2009 den »Deutschen Science Fiction Preis« für die beste Kurzgeschichte. Nach »Das Kind auf der Treppe« ist »Die rote Halle« ihr zweiter nervenzerreißend spannender Psychothriller. Weiteres zur Autorin: www.karla-schmidt.de

Produktinformation
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Taschenbuch: 320 Seiten
Verlag: Piper Taschenbuch (Januar 2012)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3492272940  / ISBN-13: 978-3492272940
Größe und/oder Gewicht: 18,8 x 12 x 2,6 cm

Leseprobe
Quelle: Karla Schmidt  *das müsst ihr lesen*



Die Geschichte...
Für die Neuinszenierung von "Die roten Schuhe" kommt Kostümbildnerin Janina Zöllner mit ihrem Sohn nach Berlin, wo sie für die Kostüme und die Regieassistenz zuständig ist. Die männliche Hauptrolle wird von Dave Warschauer übernommen, der Simons Vater ist, was beide aber nicht wissen. Und dann laufen die Vorbereitungen des schaurigen Märchens im stillgelegten Flughafen Tempelhof schief: Die benötigten Schweinehäute lassen sich nicht so leicht bearbeiten, wie sich Janina das vorgestellt hat und sind zudem sehr ekelig, Choreograf Josef Rost will der Komponistin und gleichzeitig Hauptdarstellerin die Rolle entziehen und dann ist plötzlich auch noch Janinas Sohn Simon spurlos verschwunden...

Meine Meinung:
"Die rote Halle" ist mein erstes Buch von Karla Schmidt und wurde mir von mehreren lieben Bloggerkolleginnen empfohlen. Interessanterweise beginnt die Geschichte mit dem Ende, die eigentliche Story startet mit Tag 1 - Visionen und endet mit Tag 13 - Todestag, um mit dem Epilog nochmals auf den Anfang zu gehen. Aufgegliedert ist der Psychothriller in 3 Teile, als Handlungsschauplatz hat die Autorin den geschlossenen Berliner Flughafen Tempelhof gewählt, was dem Plot eine düstere Stimmung verleiht. Die Handlungsorte werden so anschaulich beschrieben, dass man meint, selbst dort zu sein.

Janina Zöllner wird für ein Bühnenstück als Kostümbildnerin und Regieassistentin engagiert. Die 37-jährige fühlt sich plump und unhübsch, vor allem, als sie den attraktiven, aber egoistischen Tänzer Dave Warschauer nach 21 Jahren wiedersieht. Dave wird die männliche Hauptrolle übernehmen und ist der Vater von Janinas 15-jährigem Sohn Simon, wovon beide Männer allerdings nichts wissen. Der gutaussehende, mürrische Teenager ist nicht ganz begeistert von der Idee seiner Mutter, von Vancouver nach Berlin zu übersiedeln. Hier kennt er niemanden und so durchstreift er das riesige Flughafengebäude, wo er schließlich wie vom Erdboden verschluckt wird... Von der Crew kennt Janina aus vergangenen Zeiten die verkrüppelte Tänzerin DeeDee, die das Stück "Reading Red Shoes" geschrieben hat und den cholerischen Regisseur und Choreograf Josef Rost, der eine Zeitlang die Vaterrolle in Simons Leben übernommen hat und sich nun eigenartig verhält...

Die mitwirkenden Protagonisten sind facettenreiche Persönlichkeiten, die mit allerlei Macken, Ecken & Kanten ausgestattet wurden. Außerdem sind manche Charaktere bzw. deren Absichten schwer einzuschätzen, was der Geschichte einen geheimnisvollen Touch verleiht. Die Idee, das Setting in ein stillgelegtes Flughafengebäude zu verlegen, finde ich einfallsreich, da es viel Raum für ein packendes Katz- und Maus-Spiel bietet. Und auch die Theater-Atmosphäre ist wunderbar gelungen und wurde so bildhaft beschrieben, dass mein Kopfkino angekurbelt wird. :)

Karla Schmidt lockt ihre Leser gekonnt auf falsche Fährten & Irrwege und gewährt uns in diesem rasanten Psychothriller einen Blick auf die Abgründe der menschlichen Seele. Leider wurde mir das Ende dieser fesselnden Geschichte etwas zu schnell abgehandelt, weiters bleibt noch eine wichtige Frage für mich offen. **ACHTUNG SPOILER** Zum Lesen bitte Text markieren  MEINE FRAGE: Was geschieht mit DeeDee? Sie wird doch hoffentlich in eine psychiatrische Anstalt eingeliefert, wo sie meiner Meinung hingehört?!? FESTSTELLUNG 1)  Außerdem wurde der Tod von Rose, Daves junger Freundin, die eigentlich DeeDee's Rolle übernehmen sollte, nicht weiter "behandelt", sondern von der Polizei nur zur Kenntnis genommen. FESTSTELLUNG 2) Es wirkt unglaubwürdig, dass Dave der einzige Mann in Janinas Intimleben gewesen sein soll, da sie nur ein Mal (bei der Zeugung von Simon) miteinander geschlafen haben...  **SPOILER ENDE**

Erzählt werden die packenden Geschehnisse abwechselnd aus der Sicht (in der 3. Person) von Janina, Simon, Josef und zwischendurch von einer unbekannten Person. In Rückblenden erfahren wir mehr darüber, was 1996 zwischen Janina und Dave vorgefallen ist. Durch die unterschiedlichen Erzählperspektiven und mehrere Handlungsstränge, die allmählich miteinander verweben, wirkt die Geschichte abwechslungsreich und sehr interessant. "Die rote Halle" birgt neben ausdrucksvollen, teilweise etwas zu ausführlich geratenen Schilderungen auch einige Längen, doch dank der spannungsgeladenen Schreibweise  lassen sich die 320 Seiten unheimlich schnell lesen.

FAZIT:
Mit "Die rote Halle" hat Karla Schmidt einen fesselnden Psychothriller erschaffen, der mit einem packenden Plot gepaart mit einer mysteriösen Atmosphäre, reizvollen Charakteren sowie einem mitreißenden Schreibstil unterhält. Wegen der kleinen Mankos vergebe ich für "Die rote Halle" ausgezeichnete 4 (von 5) Punkte, da mir der Psychothriller ansonsten sehr gut gefallen hat.





ZITAT Seite 35:
"Ein Kribbeln durchlief sein Bewusstsein, dicht hinter sich spürte er das Bröckeln der Betonsäulen, aus denen rostiges Eisengestänge hervorragte, und über ihm prickelte das verbeulte Gitter in seiner Aufmerksamkeit, das verkohlten Stuck und Putz auffing, der auch noch viele Jahre nach den Sprengversuchen der Sowjets noch immer von der Decke fiel. Ja. Er fühlte den Nachhall der Explosionen. Er konnte die ganze verdammte Geschichte dieses Raumes spüren. Die verbrannten Stellen an der Decke hatten sie als Einziges nicht verändert. Aber den Rest der Halle hatten sie komplett rot eingefärbt, alles rot." (Josef Rost)

10 Kommentare:

  1. Das ist eine sehr schöne Rezension zu diesem Buch.

    LG
    Monika

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    1. Ich danke dir, liebe Monika. :)

      Liebe Grüße
      Sabine

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  2. Das klingt wirklich gut. Ich finde auch das Buchcover total super. Vielen Dank für deine Rezension!

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    1. Gerne, Enni. Vielen Dank auch für´s Abonnieren. :)
      Das Buchcover sieht in echt noch besser aus.

      LG
      Sabine

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  3. Tolle Rezi. Das Buch kommt sofort auf meine Wunschliste. Das Kind auf der Treppe hatte mir total gut gefallen, deswegen bin ich auf dieses auch sehr gespannt.

    LG Andrea

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    1. Hallo Andrea!

      Freut mich, dass dir meine Rezi gefallen hat.
      "Das Kind auf der Treppe" habe ich noch nicht gelesen, aber bereits ins Auge gefasst. :)

      LG
      Sabine

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  4. Hmm, von diesem Psychothriller habe ich ja noch nie gehört O.o Klingt aber gut!
    Danke für's Näherbringen, ist mal auf der WL gelandet...

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    1. Gerne, liebe Sonne. Dafür bin ich bzw. Büchersüchtig ja da... ;-)

      Liebe Grüße!

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  5. Huhu Sabine,
    schön das auch Dir das Buch gefallen hat :O)
    Finde es ja gut das mal deutsche Thrillerautorinnen fesseln können :O))
    LG Ela

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  6. Das klingt gut. VOn dem Kind auf der Treppe hatte ich auchnur gutes gehört, allerdings klang das ein wenig heftig. Das hier spricht mich mehr an. Danke!

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Ich freue mich sehr über (ernstgemeinte) Kommentare zu meinen Posts. Immer heraus mit eurer Meinung...

Büchersüchtige Grüße,
Sabine