Cover
Die Autorin Lynn Raven lebte in Neuengland, USA, ehe es sie trotz ihrer Liebe zur wildromantischen Felsenküste Maines nach Deutschland verschlug. Nachdem sie zwischenzeitlich in die USA zurückgekehrt war, springt sie derzeit nicht nur zwischen der High- und der Dark-Fantasy hin und her, sondern auch zwischen den Kontinenten, und ist unter den Namen Lynn Raven und Alex Morrin erfolgreich.
Produktinformation
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Taschenbuch: 608 Seiten
Verlag: cbt (8. Juni 2010)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3570304892 / ISBN-13: 978-3570304891
Vom Hersteller empfohlenes Alter: 12 - 15 Jahre
Größe und/oder Gewicht: 20,6 x 13,4 x 4,2 cm
Leseprobe
Die Geschichte...
Zwischen den Völkern der Kjer und der Nivard herrscht erbitterter Krieg. Mordan, der erste Heerführer der Kjer, soll im Auftrag seines Herrn, des kranken Königs Haffren, die junge Nivard-Heilerin Lijanas und Braut von Prinz Ahmeer entführen, um ein mysteriöses Elixier zu finden und sie damit in den Königspalast nach Turas zu bringen. Mordan und seinen Männern gelingt die Entführung mit einer List, doch Lijanas möchte sich den barbarischen Kriegern nicht unterwerfen und denkt nur an Flucht, was jedoch unmöglich scheint. Auf der gefahrenvollen Reise lernen sich Mordan und Lijanas besser kennen und kommen sich näher, als sie es je für möglich gehalten hätten. Denn als sie durch Zufall in der Stadt Cavallin landen, gibt sie der Kjer dort als Eheleute aus - und Lijanas bleibt nichts anderes übrig, als mitzuspielen...
Meine Meinung:
Ich muss zugeben, dass ich wegen unzähliger hochgelobter Rezensionen mit einer sehr hohen Erwartungshaltung an "Der Kuss des Kjer" herangegangen bin. Leider haben sich meine Erwartungen nicht ganz erfüllt - warum das so ist, könnt ihr gleich lesen...
Das fängt schon mit den Protagonisten an. Die junge Lijanas (ich schätze sie mal auf 16, 17 Jahre, da kein genaues Alter angegeben ist) stammt aus Anschera, der Hauptstadt Astrachars, und gehört zum Volk der Nivard. Die mutige und schöne Heilerin wehrt sich anfänglich noch gegen ihre Entführer, doch mit der Zeit findet eine Wandlung in Richtung "naives Anhängsel mit Stockholm-Syndrom" statt. Und wenn ich dann lese, dass sie Gewänder umnähen muss, während Mordan wichtige Papiere liest, dann fühle ich mich in einen historischen Roman versetzt (dieses Gefühl hatte ich übrigens öfters).
Mordan, der den Beinamen "Blutwolf" wegen seiner Gräueltaten trägt, ist der erste Heerführer der Kjer und führt jeden Auftrag seines Oberhaupts ohne Fragen durch. Mit der für die Kjer typischen Fellbehaarung, den spitzen Fingernägeln, Reißzähnen, schwarzen langen Haaren und der Augenklappe ist Mordan kein attraktiver Typ, den ich gemeinsam mit Lijanas anschmachten könnte - allein schon, weil ich übermäßige Behaarung beim männlichen Geschlecht nicht wirklich sexy finde. Außerdem benimmt er sich Lijanas gegenüber meistens sehr rüpelhaft, nur manchmal blitzt eine liebenswerte Person durch. Auch seine Weggenossen, die Kjer-Krieger Levan, Brachan, Ecren und Corfar sind ausbaufähige Figuren, nehmen aber nur eine Nebenrolle ein. Die Charaktere sind durchaus interessant gestaltet worden, aber sie wirken etwas zu perfekt, sodass ich mich mit ihnen nicht ganz identifizieren kann. Zu allem Überfluss wird der Leser mit unzähligen, schwer zu merkenden Namen überschüttet, die teilweise für die Geschichte überhaupt nicht relevant sind.
Es ist mir wirklich schwer gefallen, mich in diese fremde Welt einzufinden und hat ungefähr 160, 170 Seiten gedauert, bis ich mich endlich zurechtgefunden und die Geschichte halbwegs spannend gefunden habe. Die bildhaften Beschreibungen sind teilweise so detailliert ausgeführt, dass einem fast das Gähnen kommt, wenn man z.B. 5 Seiten lang liest, wie Lijanas versucht, Mordans Schlangenpferd Ired zu besteigen bzw. darauf zu reiten. Außerdem dauert die abenteuerliche Reise scheinbar ewig, es wird andauernd gekämpft und laufend wird jemand verletzt, sodass die Heilerin alle Hände voll zu tun hat.
Interessanterweise wird hier nicht in Jahren, sondern in Wintern gerechnet, Lijanas darf nicht zu viel Haut zeigen, die Mitwirkenden reiten wie in grauer Vorzeit auf Pferden, schlafen auf Fellen und die Kjer werden als eine Art Mensch mit Fellbehaarung, spitzen Nägeln und Reißzähnen dargestellt. Allerdings hätte ich mir mehr Informationen über die Kjer und die anderen Völker gewünscht.
Geheimnisse, Intrigen, Kämpfe, aber auch Gefühle wie Hass & Liebe haben für die Geschichte eine große Bedeutung. Geschildert werden die Geschehnisse aus verschiedenen Blickwinkeln, wobei der Großteil aus der Perspektive von Mordan und Lijanas bestritten wird, die uns auch an ihren Gedanken & Gefühlen teilhaben lassen, aber auch Nebenfiguren wie König Rushan oder Prinz Ahmeer kommen zu Wort. Nachdem die Geschichte, die mit verschiedenen Handlungssträngen ausgestattet ist, ab der Hälfte so richtig in Fahrt kommt, wird mir das Finale auf den letzten 100 Seiten zu schnell abgehandelt.
Neben den langatmigen, sich wie Kaugummi dahinziehenden Passagen habe ich noch einige kleine Kritikpunkte: Warum spricht Mordan Lijanas immer als "Heilerin" an bzw. weshalb ist Mordan für Lijanas nur "der schwarze/dunkle Kjer"? Auch, als sie sich schon besser kennen und sogar das gleiche Bett teilen?!? Das ist ja wie im Mittelalter... :( Außerdem hätte ich mitzählen sollen, wie oft Lijanas "die Lippe zwischen die Zähne zog" und "Gnädige! Hab Erbarmen" gesagt/gedacht hat - es waren gefühlte 200 Mal...
Wegen der vielen Gewaltszenen würde ich dieses Buch allerdings keinem 12, 13-jährigen empfohlen. Den Schreibstil von Lynn Raven finde ich durchaus flüssig und fesselnd, erinnert mich aber an einen historischen Roman - ein Genre, mit dem ich überhaupt nicht anfangen kann. Die Ausdrucksweise ist für meinen Geschmack zu theatralisch, überladen und die paar Liebesszenen sind sehr schwülstig geraten.
FAZIT:
"Der Kuss des Kjer" hat mich leider nicht so überzeugt, wie ich es mir gewünscht hätte. Obwohl der Fantasy-Roman zweifellos Potential besitzt, hätte ich eine straffere Handlung mit weniger Kampfszenen, Charaktere mit mehr Ecken & Kanten und einen anderen Schreibstil erwartet. Jetzt werden gleich ein paar nette Bloggerinnen aufschreien, aber ich kann nicht mehr als wohlmeinende 3 (von 5) Punkte vergeben.